melancholie maritim | Alte Liebe – Warum plötzlich wieder analog?
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Alte Liebe – Warum plötzlich wieder analog?

Alte Liebe – Warum plötzlich wieder analog?

Die Coronazeit hat alle aus der Bahn geworfen. Man musste plötzlich mit Einschränkungen leben, die nicht immer unmittelbar nachvollziehbar waren und bis heute sind, aber die Solidarität mit der Gemeinschaft zeigten. Oder eben aber die fehlende Bereitschaft dazu.

Bei mir persönlich waren es weniger die Existenzängste, obwohl ein großer Teil der Einnahmen aus Fotoarbeiten komplett ausgefallen sind, sondern viel eher die Sachen die sich nur im Kopf abspielten. Ich hatte plötzlich alle zwei Wochen Zeit. Zeit über die ich mich erstmal freute, die aber im Laufe der Wochen schwieriger sinnvoll auszufüllen war, als ich vorher gedachte hätte.

Irgendwann kam die Idee mich mit Dingen zu beschäftigen, für die sonst die Zeit fehlt. Was liegt für mich da näher als die analoge Fotografie?

Also ran an Ebay Kleinanzeigen und ziemlich fix die erste Kleinbildkamera abgeholt. Die Zenit 12XP. Unkaputtbarer Russenstahl, wie mir die Verkäuferin von ihrem 80jährigen Vater ausrichten sollte.

Im Gespräch mit meinem Freund Nico (honeymilkphotography), der nie aufgehört hat analog zu fotografieren, kam dann auch schnell der Einwand „du kannst in der Postproduktion alles wie analog aussehen lassen“. Ja, das stimmt. Aber ziemlich schnell merkte ich bei den ersten Filmen was so ein großer Vorteil für mich ist. Und zwar die komplette Herangehensweise. Ich überlege wesentlich genauer. Ich ärgere mich weniger, wenn etwas in die Hose geht. Ich beschäftige mich viel mehr mit dem einzelnen Bild.

Ein bisschen kann man das mit meiner Vorliebe für Musik auf Vinyl vergleichen. Mit einer Spotiy-Playlist setzt du dich selten aufs Sofa, guckst dir das Cover beim Hören an, hörst das Knistern, erlebst Musik einfach ganz anders. Und so ist es mit den alten Mittelformat- / Kleinbildkameras für mich auch.

Allein die Geräusche beim Fotografieren mit analogen Kameras! Ein Traum. Vielleicht nicht unbedingt wenn man sich unauffällig bewegen will und eine alte Pentacon Six dabei hat, die locker 2,5kg wiegt und man bei jedem „Ratschhhhh“ die Blicke auf sich zieht.

Am Ende bin ich bei meinem Mittelweg gelandet und fotografiere digital und analog. Das ich bei einer Trauung auch auf Masse setzen muss und den richtigen Moment nicht verpassen darf, ist klar. Da müssen Herr Fuji und Frau Nikon in digital ran, aber wenn ich Zeit habe und genau weiß was geplant ist, ein Moodboard erstellt habe, Vorgespräche geführt habe und dann den Musiker oder das Model vor mir habe, werden es nebenbei immer wieder die leicht in die Jahre gekommenen und langsamen Analogen sein.

Das hat nicht nur mit meinen Fotos, sondern auch mit mir und meiner Einstellung zu dem ganzen Bums was gemacht. Ich selbst bin zwar noch immer so euphorisch wie vorher, aber trotzdem auch wesentlich entspannter. Zeit. Das wertvollste was man wohl so als Arbeitsmaterial beim Fotografieren haben kann.